Diese Nacht schlief ich schlecht und träumte etwas ziemlich schräges. Am Tag hatte ich die Gedanken an die Unterhaltung mit Ben Crystal verdrängt, wenn auch nicht besonders erfolgreich, aber in der Nacht war in meinem Kopf nichts anderes Mehr. Wieso fand ich ihn auf einmal so nett? Und warum war er so nett zu mir gewesen? Niemand war nett zu mir. WAs mir aber die größten Sorgen machte, war seine Jacke. Sie war... ohne Temparatur. Mittags war es ziemlich heiß in Chicago, gestern sogar 31°C, und als ich seine braune Lederjacke anzog (natürlich hatte ich mir vorher wieder eine Hose angezogen), wurde es angenehm kühl. Und heute Nacht war es ziemlich kalt, und meine Decke wärmte nicht genug. Also zog ich Bens Jacke an und mir war warm.
Ben Crystal war mir nicht geheuer. Also machte ich einen Plan.
"Hey, Ben! Danke nochmal für gestern. Deine Jacke habe ich leider vergessen. Aber ich würde dir gerne mit einem KInobesuch danken. Wie wär's? Du darfst auch den Film aussuchen, kein Probem.", begrüßte ich Ben. Seine Augen waen pinker als je zuvor, und seine graue Kapuzenjacke, die er heute trug, stand ihm nicht annähernd so gut wie "meine" braune Lederjacke.
Ben schaute etwas verdutzt. Mit so viel Freundlichkeit hatte er wohl nicht gerechnet. Eigentlich hasste ich es zu lügen, aber heute war es absolut notwendig. Irgendwie musste ich ihn ja einwickeln. Die Sache mit seiner Jacke war ebenfalls gelogen. Ich wollte sie ihm einfach nicht wiedergeben.
"Ähmm... Klar. Kennst du Hangover? Der soll total gut sein. Und die Jacke... weißt du was? Behalt sie. Sie gehört dir. DEine Jacke ist ja ziemlich kaputt", lachte er und begutachtete meine ausgewaschene Jeansjacke. Sie hatte viele Löcher und wurde schon mehr als fünfmal geflickt. Puh, dachte ich. Er glaubte mir dass mit der Jacke und nahm mein Angebot mit dem Kino an.
"Cool", sagte ich nur.
"Cool."
"Ich muss jetzt in den Lateinkurs."
"Ich hol dich um fünf ab!", rief er mir noch hinterher.
Was zog man an, wenn man mit einem allwissendem, gutaussehendem 16-Jährigen Jungen mit pinken Augen ins Kino geht? Ratlos stand ich vor meinem kleinen Kleiderschrank und durchforstete die Auswahl. Auf meinem Bett, der engeren Auswahl, befanden sich ein olivfarbener Cordrock, eine blaue Bluse, eine helle Jeans und ein pfirsichfarbenes Top. Seufzend schaute ich auf die Uhr. Nur noch eine Viertelstunde!, dachte ich und entschied mich spontan für die Bluse und den Rock. Schnell ordnete ich meine Haare und bürstete mir noch einmal die Zähne.
Pünktlich um Fünf schellte es an der Haustür. Ich atmete tief durch und öffnete. Ben sah atemberaubend gut aus, das musste ich zugeben. Sein weißes Hemd betonte seine tolle Figur und die khakifarbene Hose gab ihm den entscheidenen Touch.
"Hey, Erin.", begrüßte er mich. Erst jetzt bemerkte ich den Rosenstrauß, den er in der Hand hielt. Machte er sich etwa Hoffnungen? Das hatte ich nicht gewollt. Ich wollte doch nur etwas über ihn herausfinden- was es mit seinen Augen und seiner Jacke auf sich hatte...
"Ähm... Hallo. Fahren wir?"
"Klar. Da hinten steht mein Wagen. Komm."